In Indien zeichnet sich eine alarmierende Situation ab.

Indische Ringerinnen gehen gegen sexuellen Missbrauch auf die Straße

Führende Persönlichkeiten aus aller Welt solidarisieren sich mit indischen Sportlerinnen.



In Indien zeichnet sich eine alarmierende Situation ab.


Die indische Regierung ist mit Gewalt gegen olympische Ringerinnen vorgegangen, die protestieren, um einen mächtigen Sportfunktionär zur Rechenschaft zu ziehen, den sie der serienmäßigen sexuellen Belästigung von Ringerinnen beschuldigen.


Seit dem 23. April 2023 sitzen die Sportlerinnen friedlich in der Hauptstadt Neu-Delhi und fordern eine Untersuchung zahlreicher Beschwerden wegen sexueller Belästigung gegen den Parlamentsabgeordneten Brij Bhushan Singh, ein hochrangiges Mitglied der regierenden Bharatiya Janta Party und ehemaliger Präsident des indischen Ringerverbandes. Ihre Forderungen wurden mit Schweigen, Einschüchterung und schließlich mit brutaler Gewalt beantwortet.

In den letzten Jahren ist der demokratische Niedergang Indiens deutlich geworden — und Menschenrechtsaktivist*innen in aller Welt schlugen Alarm wegen des schrumpfenden Raums für Proteste, der Einschüchterung der Presse und der Inhaftierung von führenden Vertreter*innen der Zivilgesellschaft.


Am 28. Mai illustrierten zwei Bilder aus dem Herzen der indischen Hauptstadt diese Realität: Premierminister Narendra Modi weihte ein neues, hundert Millionen Dollar teures Parlamentsgebäude ein, das weithin als verschwenderisches Symbol nationalistischen Eifers gilt, und nannte es eine “Wiege der Ermächtigung”. Nur wenige Kilometer entfernt lösten Polizeikräfte das Protestcamp der Ringerinnen auf, schlugen die Athletinnen und warfen sie ins Gefängnis.


In dieser ganzen Zeit haben reaktionäre Kräfte versucht, die Proteste zu zerschlagen, indem sie gefälschte Bilder und Fehlinformationen verbreiteten, um die Demonstrierenden zu diskreditieren, und öffentliche Kundgebungen zur Unterstützung des beschuldigten Beamten planten.

Die Behörden mahnen zur “Geduld” — und die Polizei hat erst nach direkter Intervention des Obersten Gerichtshofs von Indien eine Anzeige aufgenommen. Bislang wurden wegen des dreisten Verstoßes gegen das Gesetz gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen keine weiteren Maßnahmen ergriffen. Der Abgeordnete Brij Bhushan Singh läuft frei herum und hat eine Kampagne zur Aufweichung der Gesetze gegen sexuellen Kindesmissbrauch gestartet. Doch diejenigen im ganzen Land, die den Protest der Ringerinnen unterstützen — Bäuerinnen, Studentinnen und Feministinnen — werden weiterhin schikaniert und verhaftet.


Die Reaktion der Regierung sendet eine klare Botschaft: Aufmüpfige Frauen werden bestraft, die herrschende Klasse wird um jeden Preis geschützt und abweichende Meinungen werden nicht geduldet.


Doch die Sportlerinnen weigern sich, klein beizugeben. Sie erklärten ihre Absicht, ihre Medaillen in den Fluss Ganga zu werfen und in einen Hungerstreik zu treten, wenn die Regierung nicht schnellstens etwas unternimmt. “Diese Medaillen, die unsere Hälse schmücken, bedeuten nichts mehr”, erklärten sie in einer Erklärung.


Wir, die Unterzeichnenden — Abgeordnete und Akademiker*innen — stehen solidarisch an der Seite der protestierenden Sportlerinnen und fordern Rechenschaft von der indischen Regierung.

Silvia Federici, Co-founder of the International Feminist Collective; Professor

(Italy)

Zarah Sultana, Member of Parliament
(United Kingdom)

Yanis Varoufakis, Former Minister of Finance
(Greece)

Mai Kivelä, Member of Parliament
(Finland)

Elizabeth Gómez Alcorta, Former Minister of Women, Genders and Diversity (Argentina)


Annie Raja, General Secretary of the National Federation of Indian Women
 (India)

Julia Argentina Perié, Co-president of the Euro-Latin American (EuroLat) Women’s Forum
(Argentina)

Anahí Durand, Former Minister of Women and Vulnerable Populations (Peru) 

Maite Mola, First vice-president of the Party of the European Left
(
Spain)


Karol Cariola, Member of the Chamber of Deputies
(Chile)

Cornel West, Philosopher and Political activist
(United States)


Chantal Mouffe, Political theorist, (Belgium)


Veronica Gago, Professor
(Argentina)


Renata Avila, International Human Rights lawyer
(Guatemala)


Franziska Stier, Party Secretary, BastA!
(Switzerland)


Selay Ghaffar, Former Solidarity Party of Afghanistan
(Afghanistan)


Inès Abdel Razek, International advocate
(Palestine)

Unterschrift